- Homo Oeconomicus
- I. Wissenschaftstheorie:1. Charakterisierung: Modell eines ausschließlich „wirtschaftlich“ denkenden Menschen, das den Analysen der klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorie zugrunde liegt.- Hauptmerkmal des H.O. ist seine Fähigkeit zu uneingeschränktem rationalen Verhalten.- Handlungsbestimmend ist das Streben nach Nutzenmaximierung, das für Konsumenten und Produzenten gleichermaßen angenommen wird.- Zusätzliche charakteristische Annahmen: Lückenlose Information über sämtliche Entscheidungsalternativen und deren Konsequenzen; vollkommene ⇡ Markttransparenz. Eine Abschwächung dieser Vorstellung von einer völlig überraschungsfreien Zukunft erfolgt im Rahmen der sog. normativen Entscheidungstheorie durch Unterscheidung zwischen Risiko- und Unsicherheitssituationen.- 2. Beurteilung: Wegen ihres weitgehend fehlenden ⇡ Informationsgehalts sind die Annahmen des H.O.-Modells in jüngerer Zeit zunehmend kritisiert und durch ein realistischeres Bild vom wirtschaftenden Menschen zu ersetzen versucht worden.- Vgl. auch ⇡ entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre, ⇡ verhaltenstheoretische Betriebswirtschaftslehre.II. Entscheidungstheorie:Idealtyp eines ⇡ Entscheidungsträgers, der zu uneingeschränkt rationalem Verhalten (⇡ Rationalprinzip) fähig ist und damit in der Mehrzahl der bislang im Operations Research formulierten Entscheidungsmodelle unterstellt wird. Notwendig sind Ausnahmen über das ⇡ Entscheidungsverhalten des H.O.: (1) Annahmen über Entscheidungsinformationen, Kenntnis aller Aktionen und ⇡ Umweltzustände; (2) Annahmen über das Wertsystem wie ⇡ Transitivität, ⇡ Konsistenz; (3) Annahmen über ⇡ Entscheidungsregeln, die der H.O. in Abhängigkeit vom Sicherheitsgrad der Informationen anwendet.- Vgl. auch ⇡ Menschenbilder.III. Wirtschaftsethik:Der H.O. spielt als Schema für die Analyse wirtschaftsethischer Probleme eine zunehmend wichtigere Rolle. Er ist hierbei weder als Menschenbild noch als Ideal zu interpretieren, sondern als Analysekonstrukt, das für spezifische Probleme, bes. für soziale ⇡ Dilemmastrukturen, adäquate Analysen ermöglicht (⇡ Eigeninteresse). Missverständnisse resultieren v.a. daraus, dass die Modelleigenschaften des H.O., Rationalität und Eigeninteresse, als Beschreibungen menschlicher Eigenschaften unabhängig vom Problem- bzw. Theoriekontext verstanden werden.
Lexikon der Economics. 2013.